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Betreuungsrecht: Die Anforderungen an die betreuungsgerichtliche Genehmigung einer Überweisung aus dem Vermögen einer Betreuten.

Bundesgerichtshof, 09.01.2013, Az.: XII ZB 334/12

Die Beteiligte zu 1 begehrt als Betreuerin die Genehmigung, an die Mutter der Betroffenen aus deren Vermögen einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 87.093,34 € zu überweisen.

Die Betroffene leidet an einer chronischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Betreuung umfasst unter anderem den Aufgaben-1 kreis Vermögenssorge; ein Einwilligungsvorbehalt ist angeordnet. Die Betroffene erwarb vor Beginn der Betreuung im Jahr 1998 eine Eigentumswohnung, die sie zunächst selbst bewohnte. Im August 2010 zog die Betroffene in ein Pflegeheim. Die Bezahlung der Darlehensraten für die Finanzierung der Wohnung erfolgte teilweise durch die Mutter der Betroffenen. Im Jahr 2011 verkaufte die frühere Betreuerin der Betroffenen mit Genehmigung des Betreuungsgerichts die Eigentumswohnung für 209.000 €.

Den Antrag der Betreuerin, die Überweisung des eingangs genannten Betrages an die Mutter der Betroffenen betreuungsgerichtlich zu genehmigen, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Ferner hat sie beantragt, gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den angefochtenen Beschluss Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Der Betreuerin ist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die beabsichtigte Entnahme des Geldes aus dem versperrt angelegten Bankguthaben zur Auszahlung bzw. Überweisung an die Mutter der Betroffenen nicht genehmigungsfähig sei, da dies ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung nicht entspreche. Insoweit sei der von der Betreuerin beabsichtigte Verwendungs-3 zweck der beantragten Entnahme zu prüfen. Das Betreuungsgericht habe die Genehmigung nicht zu erteilen, wenn die Betreute zu dem in Aussicht genommenen Rechtsgeschäft nicht verpflichtet sei und die Zahlung den Regeln einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung widerspreche.

Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe, sei die Betroffene weder wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB) noch wegen groben Undanks (§ 530 BGB) zur Rückzahlung verpflichtet.

Es sei sehr zweifelhaft, ob die Betroffene aus bereicherungsrechtlichen Gründen wegen Zweckverfehlung oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage zur Rückzahlung verpflichtet sei. Es könne dabei unterstellt werden, dass die Zahlungen der Mutter der Betroffenen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der Wohnung dazu gedient hätten, dass die Betroffene diese Wohnung nutzen könne. Dieser Zweck sei auch erreicht worden, da die Betroffene Eigentümerin der im Jahr 1998 gekauften Wohnung geworden sei und diese bis zu ihrem Umzug in das Pflegeheim im August 2010 auch selbst bewohnt habe. Auch wenn zur Deckung der Heimkosten der Verkauf der Wohnung erforderlich gewesen sei, könne nach einer rund zwölfjährigen Nutzung der Wohnung durch die Betroffene nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Zahlungen der Mutter der Betroffenen ihren Zweck verfehlt hätten. Hinzu komme, dass die Leistungen der Mutter indirekt auch jetzt noch der Betroffenen zugutekämen, da die durch ihren Heimaufenthalt entstandenen und künftig noch entstehenden Kosten aus dem Erlös der verkauften Wohnung gedeckt würden. Hierin bestehe ein entscheidender Unterschied zu den höchstrichterlich entschiedenen Fällen, in denen Schwiegereltern ihren Schwiegerkindern Zuwendungen in Erwartung des Bestands der Ehe gemacht hätten und diese dann geschieden werde. In diesen Fällen werde der Zweck, mit den Leistungen das eigene Kind zu unterstützen, nicht mehr erreicht. 7 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 und Abs. 3 BGB bedarf der Betreuer für eine Überweisung von einem (gesperrten) Konto der Betreuten der Genehmigung des Betreuungsgerichts (LG Münster Rpfleger 1989, 455; MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1812 Rn. 9; jurisPK-BGB/Lafontaine 6. Aufl. § 1812 Rn. 25 mwN; generell zur Überweisung AG Herborn FamRZ 1999,1690, 1691; BtKomm/Roth 2. Aufl. E Rn. 58).

Maßstab für die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung ist das Interesse des Betreuten. Das Gericht hat dabei eine Gesamtabwägung aller Vor- und Nachteile sowie der Risiken des zu prüfenden Geschäfts für den Betreuten vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 – XII ZB 479/11 – FamRZ 2012, 967 Rn. 9). Das Gericht hat ausschließlich das Wohl und die Interessen des Betreuten zu berücksichtigen, nicht die Belange Dritter. Es hat sich auf den Standpunkt eines verständigen, die Tragweite des Geschäfts überblickenden Volljährigen zu stellen und kann deshalb auch Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit anstellen. Maßgebender Gesichtspunkt ist das Gesamtinteresse, wie es sich zur Zeit der tatrichterlichen Entscheidung darstellt (BayObLG FamRZ 1990, 208; jurisPK-BGB/Lafontaine 6. Aufl. § 1828 Rn. 114). Die Genehmigung darf danach nur erteilt werden, wenn die Zah- lungen ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung nicht widersprechen (vgl. MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1812 Rn. 40). Lassen sich die Risiken eines Geschäfts – auch nach der im Rahmen der Amtsermittlung vorzunehmenden Prüfung – nicht verlässlich abschätzen, ist die Genehmigung zu versagen (jurisPK-BGB/Lafontaine 6. Aufl. § 1828 Rn. 118; MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1828 Rn. 20).

b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Genehmigung nicht zu erteilen ist, wenn die Betreute zu dem in Aussicht genommenen Rechtsgeschäft nicht verpflichtet ist und die Zahlung den Regeln einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung widerspricht. Dass das Beschwerdegericht dabei von einer Schenkung ausgegangen ist, die weder wegen Verarmung des Schenkers noch wegen groben Undanks zurückgefordert werden kann, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Dafür spricht auch das vom Landgericht in seiner Entscheidung in Bezug genommene Schreiben der Betreuerin vom 25. November 2011. Hieraus ergibt sich – wie auch das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat -, dass die Leistungen der Mutter auf das Erbe der Betroffenen angerechnet werden sollten.

Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Landgericht sich damit begnügt hat festzustellen, dass es sehr zweifelhaft sei, ob die Betroffene aus Gründen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder aus dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) zur Rückzahlung an die Mutter verpflichtet sei. Denn im Falle zweifelhafter Forderungen entspricht es regelmäßig nicht dem Interesse des Betroffenen, Rückzahlungsansprüchen Folge zu leisten (vgl. OLG Celle FamRZ 2012, 1066, 1067). Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine mögliche Rechtsverfolgung nach den im Genehmigungsverfahren getroffenen Feststellungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und deshalb auch nicht mit einem entsprechenden Prozess zu rechnen ist.

So liegt der Fall auch hier. Nach den getroffenen Feststellungen hat die Betroffene zwölf Jahre in der Wohnung gewohnt. Damit hat sich der – mit der 12 auf das Erbe anrechenbaren Leistung verfolgte – Zweck bereits teilweise erfüllt. Außerdem hat das Landgericht zu Recht hervorgehoben, dass die Leistungen der Mutter indirekt auch jetzt noch der Betroffenen zugutekommen, da durch ihren Heimaufenthalt entstandene und künftig noch entstehende Kosten aus dem Erlös der verkauften Wohnung gedeckt werden. Weil die Mutter die Betroffene mit der teilweisen Finanzierung der Wohnung – wie auch die Rechtsbeschwerde einräumt – im Alter absichern wollte, ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dies letztlich auch als Zweckerfüllung qualifiziert hat.

Denn wenn die Betroffene nicht mehr in der Lage ist, die betreffende Wohnung zu nutzen, kann es nur noch um die Frage gehen, wie der in der Wohnung enthaltene Vermögenswert auf andere Weise bestmöglich zur Alterssicherung genutzt werden kann. Der betreuungsgerichtlichen Genehmigung der Veräußerung der Eigentumswohnung gemäß § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist zu entnehmen, dass der Verkauf der Immobilie im Interesse der Betroffenen lag (vgl. zur Genehmigungspflicht MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1821 Rn. 50). Dies wird insbesonderedadurch gewährleistet, dass nach §§ 1806 ff. BGB der Verkaufserlös mündelsicher anzulegen ist, die Gefahr, dass die Betroffene das Geld verschwendet, also nicht besteht.

Quelle: Bundesgerichtshof