IMPRESSUM

Rechtsanwältin hatte Betreuungsvollmacht erhalten und dann ein Honorar selbst gezahlt

Landgericht Bonn, 25.04.2008, Az.: 18 O 60/05

1. Einleitung: Hintergrund des Falls

Der Kläger forderte von der Beklagten, einer Rechtsanwältin, die Rückzahlung von 27.706,01 Euro, die diese als Honorar aus dem Vermögen einer von ihr betreuten, verstorbenen Frau O. entnommen hatte. Die Beklagte wiederum beantragte widerklagend die Feststellung, dass die Vollmacht, die Frau O. ihrem Anwalt Y erteilt hatte, unwirksam sei. Der Fall drehte sich um die Frage, ob die Beklagte rechtmäßig ein Honorar erhalten hatte und ob die von Frau O. erteilte Vollmacht, aufgrund ihrer Demenzerkrankung, wirksam war.

2. Die Betreuungssituation und Vollmachterteilung

Frau O. erteilte der Beklagten eine umfassende Vorsorgevollmacht, die es der Beklagten ermöglichte, alle vermögens- und gesundheitlichen Angelegenheiten zu regeln, sobald Frau O. dies nicht mehr konnte. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus mit einer Demenzdiagnose organisierte die Beklagte eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung für Frau O. und verwaltete deren finanziellen Angelegenheiten. Über einen bestimmten Zeitraum überwies die Beklagte Gelder von Frau O.’s Konto auf ihr eigenes, die sie als Honorar für ihre Leistungen beanspruchte. Der Kläger bestritt die Angemessenheit und Rechtmäßigkeit dieser Zahlungen.

3. Streit um die Rechtmäßigkeit des Honorars

Der Kläger argumentierte, dass die Honorarvereinbarung unwirksam sei, da sie gegen das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (BRAGO) verstoße. Zudem zweifelte er an der Geschäftsfähigkeit der Betreuten, als die Vollmacht erteilt wurde. Er bestritt, dass die von der Beklagten in Rechnung gestellten Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt worden seien und bemängelte, dass die Abrechnungen zu ungenau seien. Darüber hinaus behauptete er, dass die von der Beklagten in Rechnung gestellten Höflichkeitsbesuche und delegierten Arbeiten nicht rechtmäßig als Anwaltsleistung abgerechnet werden könnten.

4. Gerichtliche Beurteilung des Honorars

Das Gericht entschied, dass die Beklagte grundsätzlich Anspruch auf Honorar habe, da die Vorsorgevollmacht Frau O.’s Vermögensverwaltung und rechtliche Betreuung regelte. Die von der Beklagten angesetzten Honorare von 200 Euro pro Stunde, basierend auf einem mittleren Stundenhonorar für Rechtsanwälte, wurde vom Gericht als angemessen angesehen. Die Behauptung des Klägers, dass das Honorar zu hoch sei und gegen die BRAGO verstoße, wurde zurückgewiesen, da die BRAGO in diesem Fall nicht anwendbar sei, weil die Beklagte in einer Betreuungsfunktion tätig war und nicht in ihrer Funktion als Rechtsanwältin.

Das Gericht stellte auch fest, dass die Beklagte den 15-Minuten-Abrechnungstakt korrekt angewendet habe und dass ihre Abrechnungen, die verschiedene Dienstleistungen bündelten, nicht zu beanstanden seien. Es sah keine Anzeichen für eine missbräuchliche Anwendung des Abrechnungstakts, wie vom Kläger behauptet.

5. Entscheidung zur Vollmacht und Widerklage

Das Gericht stellte ferner fest, dass die von Frau O. erteilte Vollmacht an Rechtsanwalt Y unwirksam war, da sie aufgrund ihrer Demenzerkrankung zum Zeitpunkt der Erteilung nicht geschäftsfähig war. Dies wurde durch ein Gutachten bestätigt, das die Unfähigkeit von Frau O. zur freien Willensbildung nachwies. Dadurch hatte die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, die Unwirksamkeit dieser Vollmacht feststellen zu lassen. Mit der Bestellung eines gerichtlichen Betreuers war die Betreuung der Betreuten auf rechtlich gesicherte Weise sichergestellt.

Im Ergebnis wurde die Klage des Klägers teilweise abgewiesen, und die Beklagte wurde nur zur Rückzahlung eines kleineren Betrags von 1.954,02 Euro verurteilt, da für diesen Betrag keine ausreichende Rechnungslegung vorgelegt wurde. Die Widerklage der Beklagten auf Feststellung der Unwirksamkeit der Vollmacht von Rechtsanwalt Y wurde für erledigt erklärt, da das Gericht bereits einen Betreuer bestellt hatte.

Quelle: Landgericht Bonn